1918 – Unmittelbar nach Kriegsende folgt in Deutschland die Einführung des Wahlrechts für Frauen. Es scheint als hätte der erste Weltkrieg (1914 - 1918) die soziale Struktur nachhaltig verändert und die Frauenbewegung in ihren Zielen gestützt. Doch war der Krieg wirklich ein Schrittmacher in Richtung Emanzipation der Frau?
Viele Frauen sahen im Krieg ihre Chance sich zu beweisen und zu zeigen wozu sie fähig sind. Wie die meisten deutschen Bürger, wollten auch die Frauen für ihr Heimatland „kämpfen“ und ihren Beitrag leisten. Deshalb arbeiteten viele Frauenvereine mit den Kommunen oder dem Roten Kreuz zusammen. Bei den Tätigkeiten ging es jedoch zunächst noch um Berufsfelder, die sowieso eher der weiblichen Bevölkerung vorbehalten waren, wie zum Beispiel die Kranken- und Kinderpflege oder die Betreibung von Volksküchen.
Da aber im Laufe des Krieges immer mehr Männer als Soldaten eingezogen wurden, mussten sie in der Heimat ersetzt werden. Plötzlich sollten Frauen die Berufe ausüben, welche vorher nur der männlichen Bevölkerung zugeschrieben waren. Im ganzen Land verschoben sich die Berufsfelder und öffneten sich für Frauen. So gab es beispielsweise Postbotinnen, Schornsteinfegerinnen und Schaffnerinnen. Berufe, die vor dem Krieg für Frauen noch unvorstellbar waren. Während der Zweiten Hälfte des Krieges musste auch das Kriegsamt auf die Frauen zurückgreifen und versuchte, diese durch Propaganda für die Kriegswirtschaft zu mobilisieren. Die Produktionshallen der deutschen Firmen waren nun gefüllt mit Frauen, die die Waffen herstellten, mit denen sich ihre Männer an den Fronten bekämpften. Obwohl der Einsatz der Frauen in der Industrie zunächst wie ein großer Schritt in Richtung Gleichberechtigung schien, stellte sich heraus, dass durch den Krieg die Geschlechterrollen noch einmal mehr verfestigt wurden.
Für die Frauen entstand durch die Verantwortung für Kinder und Haushalt und die körperlich sehr anstrengende Arbeit eine Doppelbelastung. Hinzu kam, dass sie wesentlich schlechter bezahlt wurden als Männer. Somit war die zusätzliche Arbeit in der Industrie kaum rentabel. Die meisten Frauen arbeiteten deshalb nur als Ersatz für ihre Ehemänner und gaben den Platz nach dem Krieg wieder zurück.
Zudem wurde die Forderung nach Frauenrechten zu Beginn des ersten Weltkriegs vorerst zurückgestellt. Sowohl der ADF als auch andere Frauenvereine ordneten sich dem Gebot des Burgfriedens unter, mit welchem alle innenpolitischen Auseinandersetzungen vorerst eingestellt werden sollten. Organisationen, die dieses Gebot missachteten – zu ihnen zählten vor allem sozialistische Kriegsgegnerinnen und bürgerliche Pazifistinnen wurden - durch Zensur und Militärbehörden - unterdrückt und somit in ihrem Wirken massiv eingeschränkt. Auch internationale Frauenorganisationen wie der Internationale Frauenweltbund und der Weltbund für Frauenstimmrecht setzten während dem Krieg ihre Treffen aus.
Ohne jegliche Möglichkeit zum Widerstand kehrte die Gesellschaft im ersten Weltkrieg sehr schnell zum traditionellen Bild der Frau und dessen Geschlechterbeziehungen zurück.
Das Frauenwahlrecht war somit weniger Verdienst des Krieges, sondern der Revolution, die darauf folgte. Die kommunistischen und sozialistischen Parteien, welche die Revolution anführten, hatten die Einführung eines Stimmrechts für den weiblichen Teil der Bevölkerung schon lange vor Kriegsausbruch im Parteiprogramm. Durch den Machtwechsel konnte diese Forderung nun endlich umgesetzt werden.
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